Zehn Gebote

Zehn Gebote
Zehn Gebote,
 
Dekalog, im Alten Testament die Gebote, die Mose von Gott auf dem Sinai empfing; sie sind in zwei weitgehend übereinstimmenden Fassungen überliefert: In 2. Buch Mose 20, 2-17 sind sie in die Sinaierzählung eingegliedert und erscheinen dort als die erste und wichtigste Rechtsbekundung Gottes; in 5. Buch Mose 5, 6-21 werden sie in der Abschiedsrede des Mose vor dem Einzug Israels in das verheißene Land zitiert. Die Zehn Gebote sind Reihen von Rechtssätzen apodiktischen Rechts, wie sie im Alten Testament auch sonst vorkommen (z. B. »kultischer Dekalog« 2. Buch Mose 34). Diese Rechtssatzform enthält im Gegensatz zum kasuistischen Recht absolute und universale Verbote, die als Ausdruck göttlichen Willens verstanden werden und die Richtschnur für Glauben und Handeln des Menschen darstellen sollen. Im Neuen Testament bleibt die Bedeutung der Zehn Gebote erhalten (Markus 7, 8-13); es werden jedoch einzelne Gebote verschärft beziehungsweise durch radikalere Forderungen ergänzt (Matthäus 5, 21-30; Markus 10, 17-21).
 
Unterschiedlich ist in den christlichen Kirchen und im Judentum die Zählung der Zehn Gebote. Der Talmud, Philon von Alexandria, die frühen Kirchenväter, die griechisch-orthodoxe Kirche und die reformierten Kirchen rechnen das Bilderverbot (»Du sollst dir kein Bildnis von Gott machen!«) als das zweite Gebot und fassen die Verbote des Begehrens (»Du sollst nicht ehebrechen!«, »Du sollst nicht stehlen!«) zusammen. Augustinus, die katholische und die lutherische Kirche fassen das Verbot der Abgötterei (»Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!«) und das Bilderverbot als erstes Gebot zusammen, unterscheiden aber die beiden Verbote des Begehrens. Nach traditioneller jüdischer Auslegung verteilen sich die Gebote auf die beiden »Gesetzestafeln«, wobei die eine die Gebote Gottes, die andere die Gebote des Menschen betrifft. Auch im Christentum gehören die Zehn Gebote zu den Hauptquellen der christlichen Ethik.
 
 
B. Reicke: Die zehn Worte in Gesch. u. Gegenwart. Zählung u. Bedeutung der Gebote in versch. Konfessionen (1973);
 S. Ben-Chorin: Die Tafeln des Bundes. Das Zehnwort vom Sinai (21987);
 M. Honecker: Einf. in die theolog. Ethik (1990);
 Werner H. Schmidt: Die Z. G. im Rahmen alttestamentl. Ethik (1993);
 J. M. Lochman: Wegweisung der Freiheit (Neuausg. 1995).

Universal-Lexikon. 2012.

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